Das eigene, spezifisch autistische, Denken und Wahrnehmen kennen zu lernen, muss fester Bestandteil der Bildung eines jeden autistischen Menschen werden.
März 2020 Das Konzept und die Website der SIAM-Workshops sind fertig und online: Website SIAM-Workshops
Die Erfahrung mit autistischen Menschen zeigt sehr deutlich ihre untypischen Stärken- und Schwächenprofile. Die Art und Weise, wie autistische Menschen denken, wahrnehmen und fühlen unterscheidet sich deutlich von der der allermeisten anderen Menschen. Da diese Unterschiede in der Verarbeitung der Wahrnehmung und in der Struktur der Denkvorgänge begründet sind, sind sie häufig subtil und schwer zu verstehen, auch für die jeweiligen autistischen Menschen selbst. Dennoch sind sie grundlegend und werden in ihrer Bedeutung häufig unterschätzt.
Das nichtautistische Umfeld autistischer Menschen, ihre Eltern, Kindergärten, Schulen, Ausbildungseinrichtungen, wie auch Freundeskreise und Arbeitsumgebungen, geht dagegen von einer Varietät des Wahrnehmens und Denkens anderer Menschen aus, die autistische Menschen nicht mit einschließt. So selbstverständlich wie nichtautistische Menschen lernen, ihr Denken und Wahrnehmen zu verstehen, entwickeln und in ihr Leben zu integrieren, erfahren autistische Menschen keine Unterstützung, ihr spezifisches Denken und Wahrnehmen kennen und entwickeln zu lernen. Sie haben keine Vorbilder an denen sie sich spiegeln und entwickeln können. Als Folge sind autistische Menschen auf sich alleine gestellt, wenn es darum geht, ihre Fähigkeiten und Potenziale zu entfalten. Oft ist dies ein Prozess, der viele Jahre in Anspruch nimmt und erst weit im Erwachsenenalter den Stand erreicht, den nichtautistische Menschen bereits im Jugendalter erreicht haben.
Ihre Umwelt erwartet von autistischen Menschen Wahrnehmungs- und Denkweisen, die ihnen nicht entsprechen, und verkennt zugleich deren spezifisches Denken und Wahrnehmen. Dadurch erleben sich viele autistische Menschen von Kindheit oder Jugend an als defizitär und auch als isoliert. Ohne geeignete Vorbilder sind sie Spätentwickler und haben einen schlechten Start in ihr Leben; ein Nachteil, den nur die wenigsten wieder gutmachen können. Für die Lebensgestaltung autistischer Menschen ist ihr Bewusstsein über ihr spezifisches Denken und Wahrnehmen von entscheidender Bedeutung.
Es wird Zeit, dass wir anfangen, autistisches Denken und Wahrnehmen kennen zu lernen und dieses Wissen autistischen Menschen zu Gute kommen zu lassen. Das eigene, spezifisch autistische, Denken und Wahrnehmen kennen zu lernen, muss fester Bestandteil der Bildung eines jeden autistischen Menschen werden, in der Schule und auch danach. Insbesondere gilt dies für das Kennenlernen der eigenen, spezifisch autistischen Fähigkeiten und Potenziale.